In den letzten Wochen habe ich sehr viel erlebt. Untätig war ich sicher nicht, auch wenn mein letzter Beitrag nun doch schon vor einiger Zeit online gegangen ist. Eines der Highlights war mein Besuch in der Hauben-Küche von Adi Bittermann’s „Vinarium“ in Göttlesbrunn, im östlichen Niederösterreich. Fünf Tage durfte ich dort den Köchen über die Schulter schauen und auch selber mit anpacken. Und eines kann ich euch gleich vorweg verraten: jeder Tag war ein Erlebnis und hat sich gelohnt!
Ich begann an einem Mittwochmorgen. Von der Chefin des Hauses, Frau Bettina Bittermann, wurde ich mit herzlichen Worten empfangen. Dann ging es aber sogleich an den Ort, der für mich in den kommenden fünf Tagen das Zentrum des Geschehens sein würde, die Küche. Ich bekam vom Küchenchef Martin Wresnig eine Schürze und ein Geschirrtuch, machte mit ihm einen kurzen Rundgang, wurde dem gesamten Küchenteam vorgestellt und dann gings auch schon los. Diesen ersten Tag verbrachte ich hauptsächlich an der Seite Martin Wresnigs. Er erzählte mir sehr viel über die Art und Weise wie im Bittermann’s gekocht wird, wie die Abläufe sind und was ich zu erwarten hätte. Er kündigte mir auch an, dass diese fünf Tage zu den arbeitsintensivsten des ganzen Jahres gehörten, da am Wochenende im Rahmen des traditionellen „Leopoldigangs“ die Winzer von Göttlesbrunn ihre Tore und Keller öffneten und auch im Vinarium sehr viele Gäste zu erwarten wären. Das war dann auch tatsächlich so.
Der Chef des Hauses ist Adi Bittermann. Der sympathische Mann aus Göttlesbrunn ist nicht nur einer der besten Köche des Landes, sondern auch Grillweltmeister und Kochbuchautor. In seiner Grillakademie können Grillanfänger wie auch Grillprofis von seinen Künsten profitieren und (neue) Einblicke in die spannende Welt des Grillens bekommen.
Da Adis Grillakademie sich größter Beliebtheit erfreut, hat er sich den jungen Steirer Martin Wresnig als Küchenchef zur Verstärkung geholt. Beim gemeinsamen Karfiol-Putzen hat Martin mir so Einiges über seinen beruflichen Werdegang erzählt, und das kann sich wahrlich sehen lassen, war er doch in den bekanntesten Häusern Österreichs als Koch aktiv (Landhaus Bacher, Hospiz am Arlberg, Schnattl, Hotel Sacher, etc.) und kochte auch in bekannten Küchen von Kiew bis New York.
In der Küche hat Martin viele junge, talentierte Lehrlinge und Jungköche und Köchinnen, die ihn bei seiner täglichen Arbeit unterstützen.
Eva und Ilir sind für die Vorspeisen verantwortlich.
Matthias ist für das Fleischige und Fischige in den Hauptgerichten zuständig.
Daniel ist der Meister der Beilagen.
Anita, Maria und Barbara kümmern sich mit großer Leidenschaft um die Nachspeisen.
Und Nico, der junge Lehrling, arbeitet mit großem Enthusiasmus dort, wo gerade Not am Manne ist und hilft beim Anrichten der Speisen.
Sie alle sind ein eingespieltes Team. Perfektion ist ihr Credo, Liebe zum Detail wird großgeschrieben, Kreativität ist unbedingt erforderlich und Multitasking-Skills sind auch kein Fehler. 😉
Was Martin Wresnig und Adi Bittermann jedoch überaus wichtig ist, ist die Ausgewogenheit und Harmonie der verwendeten Zutaten, die im fertigen Gericht zu einem Geschmackserlebnis und zu einem Erlebnis der Sinne führen sollen. Gekocht wird nicht nur für den Magen, sondern auch für den Gaumen und die Nase. Bevor gerochen und geschmeckt wird, soll auch das Auge erfreut werden. Ihr seht, alleine das Hören fehlt dem Genießer im Restaurant noch. Doch auf diesen vierten Sinn hat das Team in der Küche ein Vorrecht, wo es brutzelt, zischt, blubbert und was weiß ich noch alles.
Die Nase ist für Martin eines der wichtigsten Sinnesorgane. Er behauptet, dass er es riechen kann, ob ein Gericht perfekt gesalzen ist. Da muss ich wohl noch lange üben, bis ich das beherrsche. Was er mir aber sehr gut verdeutlichen konnte ist, wie sich der Geruch von bestimmten Zutaten während des Kochens verändert. Ihr glaubt mir nicht? Dann haltet doch beim nächsten Mal eure Nase über den Kochtopf! 😉 Martin hat mir dieses Phänomen anhand von Mehl gezeigt. Er hat ein Beuschel zubereitet. In diesem altösterreichischen Gericht darf Mehl natürlich nicht fehlen. Aber nehmt euch einmal die Zeit und nehmt den Geruch von Mehl im Mehlsackerl wahr, und dann erlebt, wie er sich tatsächlich verändert, wenn er mit Butter in Berührung kommt, wenn die anderen Zutaten hinzugefügt werden und wie sich alles harmonisch zu dem Gericht entwickelt, das Herr und Frau Österreicher lieben. Ihr müsst bei diesem Experiment natürlich die Gerüche von sämtlichen Gewürzen und anderen Zutaten ausblenden. Aber es funktioniert! 🙂 Oder vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet. 😉 Wie auch immer, meine Nase spielt auf jeden Fall seit meinen Tagen in Göttlesbrunn eine viel wichtigere Rolle beim Kochen.
Pfeffer verwenden Martin und sein Team nur sehr spärlich. Eine große Bedeutung hat aber Muskatnuss. Der holzig warme, leicht pfeffrige Geschmack ist zum Würzen ideal geeignet.
Ich habe mir zwei Gerichte aus der Bittermann-Küche herausgesucht und sie zu Hause nachgekocht. Ich beginne nicht, wie normalerweise üblich, mit dem Hauptgericht – das stelle ich euch im nächsten Beitrag vor – sondern zeige euch heute ein ungemein köstliches Dessert, das gut in die Winter- und Weihnachtszeit passt. Es ist eine Maroniterrine, die bei Bittermann’s mit Spalten von Rotweinbirnen und mit Schokoladen-Sauce serviert wird. Wie Anita die Rotweinbirnen zaubert, habe ich leider nicht mitbekommen, also habe ich zu Hause meine eigene Version gemacht und es sind karamellisierte Rotweinbirnen geworden. Weil ich auch noch viele Orangen hatte, habe ich auch einige Orangenspalten karamellisiert. Ich finde, dass die Farben Rot und Orange sich perfekt mit dem sanften Braunton der Maroniterrine und der dunklen Farbe der Schokolade ergänzen. Das Tüpfelchen auf dem i ist bei diesem Rezept das Biskuit, das sozusagen das Fundament für die zarte Terrine darstellt.
Maroniterrine
Für 6 Personen
Für die Terrine:
¼ l Milch
1 Prise Salz
5 Eidotter
100 g Staubzucker
6 Blatt Gelatine
2 EL Rum
350 g Maronipüree
½ l Schlagobers
40 g dunkle Schokolade, gehackt
Für das Biskuit:
3 Eier
75 g Zucker
100 g Mehl, glatt
Für die karamellisierte Orangen:
2 Orangen
2 TL Butter
2 TL Zucker
Für die karamellisierten Rotweinbirnen:
2 Birnen
2 TL Butter
2 TL Zucker
100 ml Rotwein
Für die Schokoladensauce:
100 ml Schlagobers
100 g dunkle Schokolade oder Kuvertüre
gehobelte dunkle Schokolade zur Garnierung
2 Terrinenformen ( ca. 5x5x40 cm) oder 1 Rehrückenform
Backofen auf 180°C Ober-/Unterhitze vorheizen.
Für das Biskuit die ganzen Eier und den Zucker sehr lange sehr schaumig rühren. (Mit dem Handrührgerät oder der Küchenmaschine dauert das ca. 6-8 Minuten). Das Mehl löffelweise über die Eier-Zuckermischung sieben und vorsichtig unterheben.
Ein Backblech mit Backpapier auslegen und die Biskuitmasse über das halbe Blech streichen (ca. 1 – 1 ½ cm dick). Im vorgeheizten Backofen ca. 15 Minuten backen, bis das Biskuit goldbraun ist. Am Blech auskühlen lassen.
Für die Terrine die Gelatine-Blätter in kaltem Wasser einweichen. Die Milch mit dem Salz, den Eidottern und dem Staubzucker in einem Kochtopf glatt verrühren. Über niedriger bis mittlerer Hitze langsam erhitzen, dabei ständig rühren. Es soll eine dickliche Puddingcreme entstehen, die nicht aufkochen darf, da die Eidotter sonst ausflocken. Durch ein Sieb in eine Rührschüssel streichen. Das Maronipüree in den Pudding bröckeln und mit dem Handrührgerät oder der Küchenmaschine glatt verrühren bis keine Klümpchen mehr vorhanden sind.
Die Gelatine ausdrücken und mit dem Rum in einem kleinen Topf schmelzen. Zur Maronicreme geben und sofort gut verrühren.
Das Schlagobers steif schlagen und unter die Maronicreme heben. Die gehackte dunkle Schokolade ebenfalls unterheben.
Aus dem Biskuit Streifen in der Größe der Terrinenformen schneiden und zur Seite legen. Die Terrinenform mit Frischhaltefolie auskleiden und die Maronicreme einfüllen. Die Biskuitstreifen obenauf legen und mit der überhängenden Frischhaltefolie verschließen. Für mindestens 4-5 Stunden, am besten über Nacht, im Kühlschrank fest werden lassen.
Für die karamellisierten Orangen die Orangen filetieren. Dabei mit einem scharfen Messer so schälen, dass die weiße Haut komplett abgetrennt wird. Dafür am besten oben und unten die Kappen abschneiden und dann seitlich die Schale wegschneiden. Mit einem dünnen Filetiermesser vorsichtig die Spalten zwischen den Häutchen herausschneiden. Den beim Filetieren austretenden Saft auffangen. Die Butter und den Zucker in einer beschichteten Pfanne schmelzen und karamellisieren lassen. Mit dem Orangensaft aufgießen und so lange köcheln lassen, bis sich harte Karamellstückchen wieder gelöst haben. Die Orangenfilets dazugeben und bei niedriger Hitze 2-3 Minuten mehr ziehen als köcheln lassen. Vom Herd nehmen und auskühlen lassen.
Für die karamellisierten Rotweinbirnen die Birnen schälen, entkernen und in Spalten schneiden. Die Butter und den Zucker in einer beschichteten Pfanne schmelzen und karamellisieren lassen. Mit dem Rotwein aufgießen und so lange köcheln lassen, bis sich harte Karamellstückchen wieder gelöst haben. Die Birnenspalten dazugeben und bei niedriger Hitze 3-4 Minuten mehr ziehen als köcheln lassen. Vom Herd nehmen und auskühlen lassen.
Für die Schokoladensauce die Schokolade hacken (in ca. ½ – 1 cm große Stücke). Das Schlagobers aufkochen lassen, vom Herd nehmen, die Schokostückchen dazugeben und so lange rühren bis die Schokolade geschmolzen ist. Nicht mehr aufkochen.
Die gekühlte Terrine aus der Form stürzen, die Frischhaltefolie entfernen und in ca. 2 cm dicke Scheiben schneiden. Auf Tellern anrichten. Die Schokosauce in einen kleinen Gefrierbeutel füllen, eine Ecke schräg so abschneiden, dass eine 1-2 mm große Öffnung entsteht. Vorsichtig dünne Streifen über die Maroniterrine spritzen. Mit den Rotweinbirnen und/oder den Orangen garnieren. Die gehobelte Schokolade darüberstreuen.
Tipp:
- Es ist nicht notwendig, Rotweinbirnen UND karamellisierte Orangen zu machen. Eine Sorte reicht völlig.
- Wenn euch die Puddingcreme mit den Eidottern zu aufwendig oder zu kompliziert ist, bereitet einfach einen Vanillepudding mit ¼ l Milch, 100 g Staubzucker und 15 g Puddingpulver laut Packungsaufschrift zu. Dann weiter verfahren wie oben im Rezept beschrieben.
- Wenn ihr keine Terrinenformen habt, nehmt einfach eine Rehrückenform. Ihr bekommt so zwar größere Schnitten, schmecken tut’s aber gleich gut. 😉
- Falls die Schokoladensauce auskühlt und zu fest wird, bevor ihr sie verwendet, einfach nochmals kurz erwärmen (auf dem Herd oder im Mikrowellenherd).
Beim nächsten Mal zeige ich euch, welche gegrillten Köstlichkeiten Adi Bittermann an diesem Wochenende den vielen Besuchern des Leopoldigangs präsentierte, welche bedeutende Rolle Saucen in der gehobenen Haubenküche spielen und warum das Fleisch im Bittermann’s so unendlich zart ist. Also dranbleiben! Es lohnt sich! 🙂